Den "Seewolf" bestellen bei amazon
Szene aus dem Buch "Der Seewolf", welches in den 70er Jahren mit Reimund Harmsdorf in der Hauptrolle als Kapitän Wolf Larsen in 4 Teilen ganz großartig verfilmt wurde.
Kurz zum Inhalt des Buches: Der junge, in behüteten bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Schriftsteller Humphrey van Weyden gerät bei einer Schiffsreise in Seenot und wird vom Robbenschoner "Ghost" an Bord genommen, auf dem der grausame Kapitän Wolf Larsen mit unerbittlicher Härte die kleine Welt der Seeleute und Robbenfänger beherrscht. Anstatt den Schiffbrüchigen wie üblich im nächstgelegenen Hafen abzusetzen, zwingt Larsen van Weyden unter sein Joch auf der Ghost. Van Weyden, der keine blasse Ahnung von der Seefahrt hat, muss zunächst als Schiffsjunge mit zur Robbenjagd. Wolf Larsen hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist er der brutale Tyrann, dem ein Menschenleben nichts gilt und der mit Unnachgiebigkeit seine Mannschaft trietzt. Auf der anderen Seite interessiert sich Larsen für Philosophie und studiert heimlich in seiner Kajüte Bücher. Als Larsen merkt, wie gebildet van Weyden ist, fasst er soviel Zutrauen zu van Weyden wie ihm möglich ist und befördert ihn zum Schiffsarzt und später zum Steuermann. Die aufkeimende Annäherung der beiden gegensätzlichen Charaktere wird wieder zunichte gemacht durch das Auftreten der jungen Maud Brewster, die genau wie van Weyden schiffbrüchig aufgegabelt wird und auf Gedeih und Verderb mit zur Robbenjagd muss. Beide Männer beginnen um Maud Brewster zu werben, doch hat van Weyden die besseren Chancen, da Maud aus der gleichen Gesellschaftsschicht wie er stammt. Sie ist eine hübsche, gebildete Journalistin und Schriftstellerin, der die Rauheit des Schiffslebens und die Haltung des Kapitäns völlig fremd sind. Humphrey van Weyden und Maud Brewster gelingt, als Kapitän Larsen - wie so oft - von seinen rasenden Kopfschmerzen niedergezwungen wird, die Flucht in einem Robbenfängerboot. Doch sie erreichen nicht die japanische Küste, sondern werden an einer unentdeckten, trostlosen Robbeninsel im Nordmeer oberhalb von Japan angetrieben und müssen sich darauf einstellen, hier zu überwintern. Der Zufall will es, dass sie Wolf Larsen, dessen grausamem Regime sie zu entfliehen suchten, nochmals begegnen müssen. Die Begegnung endet für Wolf Larsen tragisch mit dem Tod, für unser Heldenpaar mit der geglückten Rückkehr in die Zivilisation. Die folgende Szene spielt zu dem Zeitpunkt, da Maud Brewster gerade an Bord genommen wurde. Wolf Larsen ist außer sich darüber, dass sie sich den ganzen Abend mit Humphrey van Weyden unterhalten hat. Der Schiffskoch Mugridge bekommt Larsens Wut und Enttäuschung zu spüren: Der Verdruss, den Wolf Larsen empfand, weil Maud Brewster und ich ihn in unserer Unterhaltung bei Tisch übersehen hatten, musste sich irgendwie Luft machen, und Thomas Mugridge sollte der Sündenbock sein. Trotz seiner gegenteiligen Behauptung hatte er weder sein Benehmen noch sein Hemd gewechselt. Dieses Kleidungsstück widerlegte ihn ebenso sehr, wie die Fettablagerungen auf Ofen, Töpfen und Pfannen, die aller Begriffe von Reinlichkeit spotteten. „Ich habe dich gewarnt, Köchlein“, sagte Wolf Larsen, ,,und jetzt hilft dir nichts mehr, jetzt kriegst du deine Medizin.“ Mugridge wurde kreideweiß unter der Rußschicht, und als Wolf Larsen nach einem Tau und ein paar Mann rief, schoss der verzweifelte Cockney in wilder Flucht aus der Kombüse, machte weite Sätze über das Deck und duckte sich, um der Verfolgung der grinsenden Mannschaft zu entgehen. Der hätte kaum etwas größeres Vergnügen machen können, als ihn ein bisschen ins Schlepptau zu nehmen, denn was er der Mannschaft an Essen und Trinken vorgesetzt hatte, war einfach scheußlich gewesen. Auch die äußeren Verhältnisse begünstigten das Unternehmen. Die „Ghost“ glitt mit nur drei Meilen Fahrt durch das Wasser, und die See war ziemlich ruhig. Aber Mugridge verspürte nur geringe Neigung, untergetaucht zu werden. Höchstwahrscheinlich hatte er schon früher mitgemacht, wie Leute ins Schlepptau genommen wurden. Zudem war das Wasser furchtbar kalt, und er war alles andere abgehärtet. Wie gewöhnlich, wenn Aussicht auf eine Belustigung war, kamen die andere Wache und die Jäger an Deck. Mugridge schien eine verzweifelte Angst vor dem Wasser zu haben und zeigte eine Gewandtheit und Schnelligkeit, die niemand ihm zugetraut hätte. So groß war seine Schnelligkeit, dass er, als er um die Kajüte bog, ausrutschte. Im Fallen traf er die Beine Nilsons, der am Rade stand. Sie stürzten übereinander, doch nur Mugridge erhob sich wieder. Durch eine Laune des Schicksals hatte sein schwächlicher Körper das Bein des starken Mannes wie ein Pfeifenrohr geknickt. Parsons ergriff das Rad, und die Verfolgung wurde wieder aufgenommen. Immer ums Deck herum ging es. Erst Mugridge, vor Angst fast von Sinnen, und hinterdrein die Matrosen, die sich schreiend die Richtung angaben, und die Jäger, die sie mit brüllendem Gelächter anfeuerten. Auf der Vorderluke fiel dann Mugridge mit drei Mann über sich. Aber er wand sich wie ein Aal heraus und sprang zur Haupttakelung, während ihm das Blut aus dem Munde troff und das anstoßerregende Hemd in Fetzen riss. Hinauf ging es, geradenwegs hinauf, unter den Püttingswanten zum Großmasttopp. Ein halbes Dutzend Matrosen setzte ihm nach, musste aber an den Dwarssalingen zurückbleiben bis auf zwei, Oofty-Oofty und Black, den Bootssteuerer Latimers, die ihn weiter die dünnen, stählernen Stags hinauf verfolgten und sich mit den Armen immer höher schwangen. Es war ein gefährliches Unternehmen, denn in einer Höhe von über hundert Fuß über Deck und nur an den Händen hängend, konnten sie sich nur schwer vor Mugridges Füßen schützen. Und Mugridge trat um sich wie ein Wilder, bis der Kanake, der sich mit der einen Hand festhielt, mit der andern den Fuß des Cockneys packte. Black tat dasselbe mit dem andern Fuß. Eine Weile hingen alle drei und wanden sich in einem unentwirrbaren Klumpen, bis sie, immer noch kämpfend, hinunterrutschten und in die Arme ihrer Kameraden auf den Dwarssalingen fielen. Die Schlacht in der Luft war vorbei, und Thomas Mugridge wurde aufs Deck geschleppt. Wolf Larsen steckte eine Bugleine durch eine Tauschlinge, die er ihm unter den Armen um den Leib legte. Dann wurde er nach achtern geschleppt und ins Wasser geworfen. Vierzig - fünfzig - sechzig Fuß Leine waren bereits abgelaufen, als Wolf Larsen ,,Festmachen!“ rief. Oofty-Oofty legte eine Schlinge um einen Poller, die Leine straffte sich, und durch die andauernde Fahrt der „Ghost“ wurde der Koch an die Oberfläche gerissen. Es war ein mitleiderregender Anblick. Wenn er auch nicht ertrinken konnte und dazu zäh wie eine Katze war, erlitt er doch die Qualen eines Ertrinkenden. Die „Ghost“ fuhr sehr langsam, und wenn ihr Heck sich auf einer Welle hob und sie vorwärts glitt, zog sie den Unglücklichen an die Oberfläche, dass er einen Augenblick Atem schöpfen konnte. Wenn aber das Heck sank und der Bug träge die nächste Woge erklomm, wurde die Leine wieder schlaff, und er sank unter. Ich hatte ganz Maud Brewsters Existenz vergessen und fuhr erschrocken zusammen, als sie mit leichten Schritten neben mich trat. Seit sie an Bord gekommen war, befand sie sieh das erstemal an Deck. Totenstille begrüßte ihr Erscheinen. ,,Worüber freuen sieh alle so?“ fragte sie. „Fragen Sie Kapitän Larsen“, antwortete ich gefasst und kühl, obwohl mir das Blut bei dem Gedanken kochte, dass sie Zeuge einer solchen Rohheit werden sollte. Sie wollte meinem Rat folgen und wandte sich um, als ihr Blick auf Oofty-Oofty fiel, der mit anmutig gestrafftem Körper vor ihr stand und die Tauschlinge hielt. ,,Fischen Sie?“ fragte sie. Er antwortete nicht. In seine Augen, die sich fest auf die See achtern hefteten, trat plötzlich ein Schimmer. ,,Hai ahoi, Herr!“ schrie er. ,,Hiev ein! Schnell alle Mann!“ rief Wolf Larsen und sprang selbst vor allen andern an die Leine. Mugridge hatte den Warnruf des Kanaken gehört und schrie wie ein Besessener, Ich konnte eine schwarze Flosse sehen, die das Wasser durchschnitt, und zwar mit größerer Schnelligkeit als er eingehahlt wurde. Ein Wettrennen zwischen dem Hai und uns begann, aber alles vollzog sich in wenigen Augenblicken. Als Mugridge gerade unter uns war, sank das Heck in ein Wellental, wodurch der Hai einen Vorsprung gewann. Beinahe ebenso, aber nicht ganz so schnell war Wolf Larsen. Seine ganze Kraft äußerte sich in einem gewaltigen Ruck. Der Körper des Kochs schoss aus dem Wasser, der Hai hinterdrein. Mugridge zog die Füße hoch, deren einen der Menschenfresser nur eben zu berühren schien. Dann sank er klatschend ins Wasser zurück. Aber bei der Berührung stieß Thomas Mugridge einen lauten Schrei aus. Dann wurde er wie ein Fisch an der Angel hochgezogen, streifte leicht die Reling und stürzte kopfüber aufs Deck. Doch ein Strom von Blut ergoss sich über die Planken. Der rechte Fuß fehlte, fast am Knöchel amputiert. Ich blickte Maud Brewster an. Sie war leichenblass, ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie sah nicht Thomas Mugridge, sondern Wolf Larsen an. Und er bemerkte es, denn er sagte mit kurzem Lachen: ,,Männerspiel, Fräulein Brewster. Wohl etwas rauer als Sie es gewohnt sein mögen, aber immerhin - Männerspiel Der Hai war nicht mit in der Rechnung. Es...“ Bei diesen Worten hatte Thomas Mugridge den Kopf gehoben und war sich über den Verlust, den er erlitten hatte, klargeworden. Jetzt kroch er über das Deck und schlug plötzlich seine Zähne in Wolf Larsens Bein. Der aber bückte sich ruhig zum Cockney nieder und presste mit Daumen und Zeigefinger von hinten die Kinnladen des Mannes unterhalb der Ohren zusammen. Die Kiefer öffneten sich widerstrebend, und Wolf Larsen war frei. ,,Wie gesagt“, fuhr er fort, als ob nichts Besonderes geschehen sei: ,,Der Hai war nicht mit in der Rechnung. Es war - hm -sagen wir, göttliche Vorsehung.“ Sie gab kein Zeichen, dass sie ihn gehört hatte, aber die Angst in ihren Augen wich unaussprechlichem Ekel, und sie wandte sich, um zu gehen. Sie hatte indessen kaum einen Schritt getan, als sie wankte und die Hand schwach nach mir ausstreckte. Ich fing sie gerade noch rechtzeitig auf und half ihr, sich auf die Kajütstreppe zu setzen. Ich glaubte, sie würde sofort in Ohnmacht fallen, aber sie beherrschte sich. ,,Herr van Weyden, wollen Sie eine Aderpresse holen“, rief Wolf Larsen mir zu, und mir blieb nichts übrig, als zu gehorchen. Ich hatte allmählich solche Geschicklichkeit als Chirurg erlangt, dass Wolf Larsen mir nach kurzer Beratung die Behandlung überlassen konnte, wobei mir ein paar Matrosen halfen. Für seinen Teil wählte er sich die Rache an dem Hai. Ein schwerer Wirbelhaken, an dem als Köder ein Stück Pökelfleisch hing, wurde über Bord geworfen, und als ich gerade damit fertig war, die gefährdeten Venen und Arterien zusammenzupressen, holten die Matrosen singend das Ungeheuer ein. Ich sah es nicht selbst, aber meine Assistenten verließen mich abwechselnd, um mittschiffs zu laufen und zu sehen, was vorging. Der 16 Fuß lange Hai wurde in die Haupttakelung geheißt. Sein Rachen war weit aufgerissen, und jetzt wurde eine an beiden Seiten zugespitzte Eisenstange hineingestellt, so dass sie sich in die Kiefer, wenn sie sich schließen wollten, einbohren und sie festhalten musste. Als dies vollbracht war, wurde der Haken herausgeschnitten. Der Hai sank ins Meer zurück, hilflos und doch im Besitz seiner vollen Kraft, zu langsamem Hungertode verurteilt, den weniger er verdiente als der Mann, der ihm diese Strafe zuerteilte.
Mit solchen rauen Szenen stieß Jack London die amerikanische Gesellschaft seiner Zeit vor den Kopf. Obwohl London stark für die ungeschminkte Schilderung von Grausamkeiten angegriffen wurde, verkaufte sich gerade das Buch "Der Seewolf" als Bestseller, und seine Wirkung ist bis heute ungebrochen.
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Szene aus dem Buch "Der Seewolf", welches in den 70er Jahren mit Reimund Harmsdorf in der Hauptrolle als Kapitän Wolf Larsen in 4 Teilen ganz großartig verfilmt wurde.
Kurz zum Inhalt des Buches: Der junge, in behüteten bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsene Schriftsteller Humphrey van Weyden gerät bei einer Schiffsreise in Seenot und wird vom Robbenschoner "Ghost" an Bord genommen, auf dem der grausame Kapitän Wolf Larsen mit unerbittlicher Härte die kleine Welt der Seeleute und Robbenfänger beherrscht. Anstatt den Schiffbrüchigen wie üblich im nächstgelegenen Hafen abzusetzen, zwingt Larsen van Weyden unter sein Joch auf der Ghost. Van Weyden, der keine blasse Ahnung von der Seefahrt hat, muss zunächst als Schiffsjunge mit zur Robbenjagd. Wolf Larsen hat zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist er der brutale Tyrann, dem ein Menschenleben nichts gilt und der mit Unnachgiebigkeit seine Mannschaft trietzt. Auf der anderen Seite interessiert sich Larsen für Philosophie und studiert heimlich in seiner Kajüte Bücher. Als Larsen merkt, wie gebildet van Weyden ist, fasst er soviel Zutrauen zu van Weyden wie ihm möglich ist und befördert ihn zum Schiffsarzt und später zum Steuermann. Die aufkeimende Annäherung der beiden gegensätzlichen Charaktere wird wieder zunichte gemacht durch das Auftreten der jungen Maud Brewster, die genau wie van Weyden schiffbrüchig aufgegabelt wird und auf Gedeih und Verderb mit zur Robbenjagd muss. Beide Männer beginnen um Maud Brewster zu werben, doch hat van Weyden die besseren Chancen, da Maud aus der gleichen Gesellschaftsschicht wie er stammt. Sie ist eine hübsche, gebildete Journalistin und Schriftstellerin, der die Rauheit des Schiffslebens und die Haltung des Kapitäns völlig fremd sind. Humphrey van Weyden und Maud Brewster gelingt, als Kapitän Larsen - wie so oft - von seinen rasenden Kopfschmerzen niedergezwungen wird, die Flucht in einem Robbenfängerboot. Doch sie erreichen nicht die japanische Küste, sondern werden an einer unentdeckten, trostlosen Robbeninsel im Nordmeer oberhalb von Japan angetrieben und müssen sich darauf einstellen, hier zu überwintern. Der Zufall will es, dass sie Wolf Larsen, dessen grausamem Regime sie zu entfliehen suchten, nochmals begegnen müssen. Die Begegnung endet für Wolf Larsen tragisch mit dem Tod, für unser Heldenpaar mit der geglückten Rückkehr in die Zivilisation.
Die Szene spielt, nachdem Humphrey und Maud auf der einsamen Robbeninsel angetrieben wurden. Der Winter steht vor der Tür, und die beiden - nicht ans raue Leben in der Natur gewöhnten Feingeister, müssen sich nun in der Wildnis der Insel neu organisieren und sich ein Dach über dem Kopf verschaffen. Kein Wunder, dass wir unser Eiland die Mühsalinsel nannten. Zwei Wochen mühten wir uns ab, um eine Hütte zu bauen. Maud sammelte viele der Steine, die ich zum Bau der Mauer gebrauchte, und wollte nicht hören, wenn ich sie beschwor, sich auszuruhen. Schließlich ging sie jedoch einen Vergleich mit mir ein und übernahm die leichten Arbeiten: das Kochen und das Sammeln von Treibholz und Moos für unseren nötigen Winterbedarf. Die Wände der Hütte erhoben sich ohne Schwierigkeiten, und alles ging leicht von der Hand, bis ich vor der Frage stand, wie ich das Dach verfertigen sollte. Welchen Zweck hatten die vier Wände ohne Dach? Und woraus sollten wir das Dach machen? Wir hatten allerdings die überzähligen Riemen. Sie konnten als Sparren dienen. Aber womit sollte ich sie decken? Moos hatte keinen Zweck. Tundragras war nicht zu gebrauchen. Das Segel brauchten wir für das Boot, und die Persenning ließ schon Wasser durch. „Winters hat Walrosshäute für seine Hütte benutzt“, sagte ich. „Wir haben ja Robben“, riet sie. So begann am nächsten Tage die Jagd. Ich konnte nicht schießen und machte mich daran, es zu lernen. Als ich aber einige dreißig Patronen auf drei Robben verschwendet hatte, sah ich ein, dass unsere Munition erschöpft sein musste, ehe ich genügend Übung im Schießen erlangt hatte. Ich hatte acht Patronen zum Feueranmachen gebraucht, bis ich auf den Einfall kam, die glimmende Asche mit feuchtem Moos zu bedecken, denn wir hatten kaum noch hundert Patronen. „Wir müssen die Robben mit Knüppeln erschlagen“, verkündete ich Maud, als ich mich von meiner Unmöglichkeit als Schütze überzeugt hatte. „Ich habe die Robbenjäger von dieser Art, die Tiere zu töten, reden hören.“ „Die Tiere sind so hübsch“, hielt sie mir entgegen. „Das ist nicht auszudenken. Es ist so furchtbar brutal, so ganz anders als Schießen.“ „Das Dach muss gemacht werden“, sagte ich grimmig. „Der Winter steht vor der Tür. Es handelt sich einfach darum: Wir oder sie? Es ist ein Unglück, dass wir nicht mehr Munition haben, aber ich glaube übrigens, dass sie weniger leiden, wenn sie mit dem Knüppel niedergeschlagen, als wenn sie zusammengeschossen werden.“ Ich ruderte an die anstoßende Bucht und ganz an das Ufer, wo die brüllenden Robben zu Tausenden lagen - wir mussten förmlich schreien, um uns einander verständlich zu machen. „Ich weiß, dass man sie mit Knüppeln erschlägt“, sagte ich mit einem Versuch, mich anzufeuern, indem ich zweifelnd auf einen großen Bullen blickte, der, keine dreißig Fuß entfernt, sich auf die Vorderflossen erhob und mich aufmerksam betrachtete. „Aber die Frage ist, wie?“ „Lassen Sie uns Tundragras sammeln und das Dach damit decken“ sagte Maud. Sie war ebenso ängstlich wie ich bei dieser Aussicht auf den bevorstehenden Kampf, und dass wir Grund genug dazu hatten, mussten wir uns selber sagen, als wir jetzt aus der Nähe die schimmernden Zahnreihen und die hundeähnlichen Mäuler sahen. „Ich dachte immer, dass sie sich vor dem Menschen fürchten“, sagte sie. „Das tun sie wohl auch , meinte ich einen Augenblick später, als ich das Boot einige Ruderschläge näher an Land gebracht hatte. „Wenn ich kühn an Land ginge, würden sie sich vielleicht aus dem Staube machen?“ Aber ich zögerte doch. „Ich habe einmal von einem Manne gehört, der in eine Brutstätte wilder Gänse eindrang“, sagte Maud, „sie töteten ihn.“ „Die Gänse?“ „Ja, die Gänse. Mein Bruder hat mir davon erzählt.“ „Aber ich weiß, dass man sie mit Knüppeln erschlägt“, sagte ich hartnäckig. „Ich glaube, Tundragras wurde ein ebenso gutes Dach abgeben“, meinte sie. Ihre Worte verfehlten ihre Wirkung und trieben mich erst recht an. Ich konnte unmöglich vor ihren Augen feige sein. „Los!“ sagte ich, indem ich den Riemen durchs Wasser zog und den Bug auf den Strand laufen ließ. Ich stieg aus und rückte tapfer einem langmähnigen Bullen entgegen der dort inmitten seiner Frauen lag. Ich war mit dem gewöhnlichen Knüppel bewaffnet, mit dem die Bootspuller die angeschossenen Robben erschlagen, die dann durch die Jäger mit einem Haken an Bord gezogen werden Der Knüppel war nur anderthalb Fuß lang, und in meiner prachtvollen Unwissenheit ließ ich mir nicht träumen, dass der Knüppel, der zum Robbenschlagen an Land gebraucht wird, vier bis fünf Fuß misst. Die Kühe watschelten mir aus dem Wege, und die Entfernung zwischen mir und dem Bullen verringerte sich. Er hob sich auf seine Flossen und schien sehr beleidigt zu sein. Es waren jetzt noch einige Meter zwischen uns, aber ich rückte immer weiter vor in der Erwartung, dass er kehrtmachen und davonlaufen sollte. Als ich noch zwei Meter entfernt war, überkam mich plötzlich ein furchtbarer Schrecken. Was geschah wenn er nicht davonlief? Nun, dann würde ich ihn eben niederschlagen, antwortete ich mir. In meiner Angst hatte ich ganz vergessen, dass ich nicht gekommen war, um den Bullen in die Flucht zu jagen, sondern um ihn zu töten. Und in diesem Augenblick schnaubte er und stürzte sich knurrend auf mich. Seine Augen flammten, sein Maul stand weit offen, die Zähne leuchteten grausam weiß. Ich gestehe ohne Scham, dass ich meinerseits kehrtmachte und das Hasenpanier ergriff. Er lief ungeschickt, aber doch schnell hinter mir her. Nur zwei Schritte trennten mich noch von ihm, als ich ins Boot taumelte. Ich wehrte ihn mit dem Riemen ab, und seine Zähne gruben sich tief ins Blatt. Das feste Holz zersplitterte wie eine Eierschale. Maud und ich waren bestürzt. Im nächsten Augenblick war er unter dem Boote, packte mit seinen Zähnen den Kiel und schüttelte uns heftig. „Nein, nein!“ rief Maud. „Lassen Sie uns umkehren.“ Ich schüttelte den Kopf. „Was andere Männer können, kann ich auch, und ich weiß, dass andere Männer Robben niedergeschlagen haben. Aber ich glaube, das nächste Mal werde ich die Bullen in Ruhe lassen.“ Ich ruderte einige hundert Fuß den Strand entlang, um meine Nerven zu beruhigen, und ging dann wieder an Land. „Nur vorsichtig sein!“ rief sie mir nach. Ich nickte und schritt weiter, um einen Flankenangriff auf den nächsten Harem zu machen. Es ging auch alles gut, bis ich einen Schlag auf den Kopf einer Kuh richtete und zu kurz schlug. Sie schnaufte und watschelte schwerfällig fort. Ich lief hinterher und schlug wieder, traf aber statt des Kopfes die Schulter. „Aufgepasst!“ hörte ich Maud rufen. In meiner Aufregung hatte ich auf nichts sonst geachtet, und als ich jetzt aufblickte, sah ich den Herrn des Harems hinter mir hersetzen. Wieder floh ich nach dem Boot, aber diesmal machte Maud nicht den Vorschlag, dass wir umkehren sollten. „Ich denke, es wäre besser, die Harems in Ruhe zu lassen und es mit den einzelnen, harmlosen Robben zu versuchen“, sagte sie. „Mir scheint, Ihre kriegerischen Instinkte sind erwacht“, lachte ich. Sie errötete tief. „Ich gebe zu, dass ich mich ebenso ungern wie Sie als überwunden erklären möchte. Aber Ihnen fehlt die Perspektive. Ja, wenn Sie nicht so nahe an sie heranzugehen brauchten.“ „Das ist es ja“, rief ich. „Ich brauche einen längeren Knüppel. Und da ist der zerbrochene Riemen gerade recht.“ Ich zeigte auf einen jungen Bullen im Wasser. „Wir wollen ihn ihm folgen, wenn er an Land geht.“ Das Tier schwamm direkt an den Strand und kletterte in eine kleine Lücke zwischen zwei Harems, deren Herren Warnrufe ertönen ließen, ihn jedoch nicht angriffen. Wir sahen, wie er sich mühsam auf einem offenbar vorgezeichneten Wege zwischen den Harems hindurchwand. „Also los jetzt!“ sagte ich und trat an Land, aber ich gestehe, dass mir das Herz bis an den Hals schlug bei dem Gedanken, dass ich mitten durch diese ungeheure Herde schreiten sollte. „Ich glaube, es wäre klug, das Boot festzumachen“, sagte Maud. Sie war mit ausgestiegen, und ich betrachtete sie mit Verwunderung. Sie nickte entschieden. „ja, ich begleite Sie, es ist also am besten, Sie sichern das Boot und bewaffnen mich auch mit einem Knüppel.“ „Lassen Sie uns umkehren“, sagte ich mutlos. „Ich denke, Tundragras wird es auch tun.“ „Sie wissen gut, dass es nicht geht“, lautete ihre Antwort. „Soll ich vorausgehen?“ Achselzuckend, aber auch mit wärmster Bewunderung für diese Frau, gab ich ihr den zerbrochenen Riemen und nahm selbst einen anderen. Die ersten Schritte unserer Wanderung machten wir mit großer Angst. Einmal schrie Maud laut, als eine Kuh neugierig ihren Schuh beschnüffelte, und ich beschleunigte meine Schritte aus demselben Grunde. Aber außer einigen warnenden Kläfflauten von beiden Seiten wiesen sich keine Zeichen von Feindseligkeit. Es war ein Robbenbrutplatz, der noch nie einen Jäger gesehen hatte, die Robben waren daher friedlich und furchtlos zugleich. Mitten in der Herde war der Lärm entsetzlich, fast schwindelerregend Ich blieb stehen und lächelte Maud ermutigend zu, denn ich hatte mein Gleichgewicht rascher als sie wiedergefunden. Ich konnte sehen, dass sie sich sehr fürchtete. Sie trat ganz nahe an mich heran und rief: „Ich fürchte mich schrecklich.“ Aber ich hatte meine Furcht überwunden. Das friedliche Benehmen der Robben hatte mich ermutigt. Maud dagegen zitterte vor Angst. Eine Viertelstunde landeinwärts stießen wir auf die Holluschickis, gewandte junge Bullen, die sich hier in der Einsamkeit ihres Junggesellenlebens austobten und Kraft sammelten für die Tage, da sie sich die Würde von Ehemännern erkämpfen sollten. Jetzt ging alles glatt. Ich wusste genau, was ich zu tun hatte. schrie, machte drohende Bewegungen mit dem Knüppel und stieß die Faulsten sogar mit dem Riemen, und auf dese Weise schnitt ich schnell einige zwanzig der jungen Burschen von ihren Kameraden ab. Sobald einer von ihnen den Versuch machte, zum Wasser durchzubrechen, stellte ich mich ihm in den Weg. Maud beteiligte sich eifrig am Treiben, und ihr Schreien und Schwingen mit dem abgebrochenen Riemen bedeutete eine große Hilfe für mich. Ich bemerkte aber, dass sie hin und wieder ein Tier durchschlüpfen ließ, wenn es besonders matt und mitgenommen aussah. Versuchte jedoch eines, sich kriegerisch zu widersetzen, dann sah ich, wie ihre Augen leuchteten und sie keck mit dem Knüppel zuschlug. Ich trieb die kleine Herde - es war jetzt noch ein Dutzend, den übrigen hatte sie die Flucht erlaubt - einige hundert Schritte weiter landeinwärts, und als sie mich einholte, hatte ich bereits das Abschlachten beendet und war dabei, die Tiere abzuhäuten. Eine Stunde später machten wir uns stolz auf den Rückweg, den Pfad zwischen den Harems entlang. Zweimal machten wir noch den Weg und kehrten mit Häuten beladen zurück, dann glaubte ich genug für unser Dach zu haben. Ich setzte das Segel, machte einen Schlag aus der Bucht heraus und fuhr in unseren kleinen Schlupfhafen hinein.
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