Werfen wir zunächst einen Blick auf das Zeitgeschehen in USA zur 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Von 1861 bis 1865 schüttelte die Vereinigten Staaten der erbitterte Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten, der sog. Sezessionskrieg.

Anlass des Krieges waren die Pläne des damaligen Präsidenten Abraham Lincoln, die Sklaverei in den Südstaaten abzuschaffen.

Eine eindrucksvolle Schilderung dieses Krieges erhalten wir durch Buch und Film "Vom Winde verweht".

10 Südstaaten spalteten sich aus der Union der Staaten ab, um gegen die Nordstaaten in den Krieg zu ziehen.

Der Ausgang des Krieges ist bekannt: Die Sklaverei wird abgeschafft, der Süden der USA muss kapitulieren und erholt sich kulturell und wirtschaftlich nie mehr von dem verlorenen Krieg.

Nach dem Krieg herrscht große Unrast in den USA. Es ist eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Unruhen. Auf der einen Seite entwickelt sich das Land rasch vor allem durch die Fertigstellung von fünftausend Kilometern neuer Eisenbahngleise quer durch die Staaten, die beschwerliche Reisen in den Westen des Landes, nach Kalifornien entweder durch das unerschlossene Land oder auf dem Seeweg rund um Kap Hoorn überflüssig machen.

Die neuen Transportwege in den Westen sowie Goldfunde in Kalifornien bringen neue Einwanderer und Glücksritter auf ihren Weg ins "Gelobte Land".

San Francisco entwickelt sich zu einer Stadt der extremen Gegensätze. Mit gleicher Geschwindigkeit wachsen die Elendsviertel mit den Reichenvierteln um die Wette.

20000 Einwohner lebten in Kalifornien, als das Land 1846 den Vereinigten Staaten beitritt, doch in den kommenden Jahren steigert sich die Bewohnerzahl um das 15fache auf 300000 Menschen.

Die Elendsviertel sind geprägt von Arbeitslosigkeit und Armut, Rassenunruhen zwischen Weißen und chinesischen Gastarbeitern und von Kämpfen gegen neue Einwanderer aus Europa.

Gleichzeitig werden die Grundlagen des Hochkapitalismus und des Aufstiegs Amerikas zur wirtschaftlichen und politischen Weltgroßmacht gelegt durch:

-    immense wirtschaftliche Gewinne der Nordstaaten am Sezessionskrieg

-    Besiedelung des Südens mit 800000 Einwanderern/Gastarbeitern durch kostenlose Abgabe von Land

-    Entdeckung von Ölvorkommen in Pennsylvania

-    Entdeckung von Gold- und Silbervorkommen in Nevada und Kalifornien

-    Ausbau des Eisenbahnnetzes s.o.

-    Erfindung der Elektrizität und dadurch Entwicklung der Industrie

Durch die neuen Industriezweige wie Eisenbahn, Stahlwerke, Kohle, Öl, Kupfer, die Entwicklung der Landwirtschaft mit Produkten wie Fleisch (Rinderherden), Weizen, Zucker, Leinöl, Tabak, Baumwolle, Whisky und die Wissenschaftsentwicklung mit Erfindungen wie Elektrizität, Telefon, Schreibmaschine, Industrie- und Büromaschinen und später den elektrischen Straßenbahnen und dem Automobil (um 1890) sowie um 1900 des Stummfilms nimmt der wirtschaftliche Aufschwung eine rasante Entwicklung. Allein zwischen den Jahren 1860 und 1900 werden in USA 676.000 neue Patente für Erfindungen angemeldet. In 1863 wird die New Yorker Börse gegründet und eröffnet neue Möglichkeiten der Wirtschaftsentwicklung. Die Zeit der Milliardäre bricht an: Guggenheim (Kupfer), Carnegie (Stahl, Eisen), Rockefeller (Banken, Börse, Kapitalmarkt), Vanderbilt (Eisenbahnen).

Der amerikanische Traum unter dem Motto "Vom Tellerwäscher zum Millionär" wird geboren.

 

In dieser fiebrigen Zeit des Aufbruchs kommt Jack London zur Welt, und an ihm soll sich der amerikanische Traum verwirklichen:

als uneheliches Kind unter ärmlichen Bedingungen aufwachsend wird er später zum weltbestbezahlten Autor seiner Zeit. Dass er diese Position vor allem durch eine unglaubliche Selbstdisziplin, harte Arbeit und autodidaktische Studien erreicht, macht ihn zu einer der großen Kultpersonen der amerikanischen Geschichte, deren Einfluss auch heute noch ungebrochen weiter wirkt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am 12. Januar 1876, also vor 125 Jahren wird Jack London geboren.

Wir müssen uns die Zeit vor der letzten Jahrhundertwende ins Jahr 1900 ähnlich vorstellen wie vor dieser Jahrhundertwende ins Jahr 2000.

Auch die letzte Jahrhundertwende brachte eine gewisse Aufbruchstimmung mit sich, die wie heute den Glauben an Grenzwissenschaften, Okkultismus, Spiritismus und allerlei Prophezeiungen hervorrief.

Jack Londons leiblicher Vater, der damals 50jährige William Henry Chaney, war ein mehr oder weniger erfolgreicher Missionar in Sachen Astrologie und Grenzwissenschaften. Seine Mutter, die ebenfalls spiritistisch engagierte Kalifornien-Einwanderin und Abenteurerin Flora Wellman, hatte bereits früh ihre wohlhabende Familie in Ohio verlassen und schlug sich zu der Zeit als Musiklehrerin in San Francisco durch. Flora, damals 30 Jahre alt, begann eine Liebesaffäre mit Chaney, ohne mit ihm verheiratet zu sein und wurde schwanger, was Chaney dazu veranlasste, sich aus dem Staub zu machen und später die Vaterschaft zu leugnen.

Flora verübte zwei erfolglose Selbstmordversuche, über die sogar die Zeitungen von San Francisco berichteten. Als Jack geboren wurde, erhielt er den Namen John Chaney.

Später, als Jack berühmt wird, vertuscht er seine Vergangenheit. Erst die biografische Arbeit von Irving Stone in den dreißiger Jahren des 20. Jh. deckte die Vergangenheit Jack Londons auf.

Die Mutter Flora Wellman heiratet 8 Monate nach Jacks Geburt den erfolglosen Farmer John London, der Jack als seinen Sohn adoptiert.

John London war Witwer und hatte aus erster Ehe bereits 7 Kinder, von denen 5 Kinder bei früheren Nachbarn in Iowa lebten, 2 Töchter, Eliza und Ida, leben bei ihm, als er Flora und Jack zu sich holt. John London betreibt zu jener Zeit einen kleinen Lebensmittelladen in Oakland.

Jack wird der Obhut seiner neun Jahre alten Stiefschwester Eliza und der einer schwarzen Amme namens "Mammy Jennie" überantwortet, während seine Mutter und sein Stiefvater hart arbeiten , um die Familie zu ernähren.

Zur Stiefschwester Eliza hat Jack London Zeit seines Lebens ein sehr inniges Verhältnis. Daher ist es tragisch für ihn, die Schwester ab seinem 10. Lebensjahr zeitweise zu verlieren. Sie heiratet überraschend einen 16 Jahre älteren Witwer mit mehreren Kindern, Captain James H. Shepard. Eliza lebt nach ihrer Scheidung von Shepard ab 1910 bei Jack London auf seiner Musterfarm und regelt dort einen Großteil der Geschäfte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für Jack bedeutet die Zeit ab dem 11. Lebensjahr Leben mit der harten Kinderarbeit, das Lebens als Tramp, als Austernpirat, als Matrose auf Robbenschonern.

Sein Leben in den untersten Gesellschaftsschichten bewirkt bei Jack London eine Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Strömungen. Daraus entwickelt sich seine Hinwendung zum Sozialismus.

Schon früh erkennt Jack London, dass Bildung den Weg zum sozialen Aufstieg ebnen kann und dass der Sozialismus die flankierende gesellschaftliche Maßnahme sein muss.

Im Alter von 19/20 Jahren erlangt er durch intensives Selbststudium den Highschool-Abschluss und schreibt sich mit 20 Jahren in der Berkeley Universität ein, wo er allerdings nur ein Jahr studiert.

Während jener Zeit kommt Jack London in Kontakt mit den gebildeten Jugendlichen der wohlhabenden Familien Oaklands. Er verliebt sich in eine höhere Tochter namens Mabel Applegarth, doch die Standesunterschiede und Jacks ständiger Geldmangel verhindern letztlich die Verbindung der beiden. In seinem Roman "Martin Eden" soll Jack London später u.a. diese Geschichte verarbeiten.

Die Auseinandersetzung mit dem geistigen Gedankengut seiner Zeit schärft Jack Londons Bewusstsein und ruft in ihm den Wunsch hervor, Schriftsteller zu werden.

Kaum ein Schriftsteller, den ich kenne, hat so hart für sein Ziel arbeiten müssen wie Jack London, erhielt so viele Rückschläge und musste so um Anerkennung kämpfen.

Nur seine unglaubliche Selbstdisziplin lässt ihn an seinem Ziel, als Schriftsteller berühmt zu werden, festhalten.

Ein Zitat verdeutlicht seine Haltung: "Du darfst nicht faulenzen und auf Inspiration warten; mach dich auf und bemühe dich um sie .... Arbeite unaufhörlich. Erforsche diese Erde, diese Welt, diese Macht und Materie, und den Geist, der durch Macht und Materie, von der Larve bis zu Gottheit, durchschimmert. Und mit all dem meine ich, arbeite für eine Lebensphilosophie. Es schadet nicht, wie falsch deine Lebensphilosophie auch sein mag; wenn du nur eine hast und an ihr festhältst."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Getreu der Überzeugung, dass nur Hartnäckigkeit und konsequente Arbeit zum Erfolg führt, schickt Jack London eine um die andere Geschichte an Zeitschriften oder an Wettbewerbe und bekommt die meisten seiner Werke zurückgesendet. Er versucht durch intensives Studium der Literatur von anderen Schriftstellern zu lernen und seinen Stil zu verbessern.

Seine unglaubliche Herkules-Arbeit bringt ihm letztlich Erfolg und er beginnt langsam, sich als Schriftsteller einen Namen zu machen, als erste Geschichten in Literaturzeitschriften veröffentlicht werden und Beachtung finden.

Innerhalb von nur 6 - 7 Jahren entwickelt sich Jack London vom unbekannten Autor zum Verfasser des amerikanischen Modebuchs des Jahres 1905 und Bestsellers "Der Seewolf".

Und weitere 8 Jahre später lanciert Jack London zum bestbezahlten Autor der Welt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Jahr 1900 lernt Jack in Kreisen der Sozialisten seine zweite große Liebe nach Mabel Applegarth kennen:

Anna Strunsky, damals 17-jährige Tochter einer russisch-jüdischen Intellektuellenfamilie.

 

Anna Strunsky

 

Doch eine Heirat mit Anna ist genauso wenig möglich wie mit Mabel: aus denselben Gründen, denn Jack hat kein Geld.

Aus welcher Haltung heraus er im selben Jahr 1900 eine andere Frau heiratet, mit der ihn offensichtlich keine leidenschaftliche Liebesbeziehung verbindet, bleibt mehr oder weniger ungeklärt. Er heiratet Bess Maddern, die er aus seiner Uni-Zeit kennt.

 

Jack und Bess kurz nach ihrer Hochzeit in 1900

Bess hat gerade kurz vorher ihren Verlobten durch Tod verloren, Jack hängt seinen Freundinnen aus reichem Hause nach. Vielleicht aus dieser Not heraus, tun sich die beiden, Bess und Jack, zusammen. Sie sind sich gegenseitig zwar zugetan, es handelt sich aber eher um eine Zweck- und Kameradschaftsehe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Interessant ist, dass Jack London zur gleichen Zeit wie seine erste Frau Bess auch seine zweite Ehefrau kennenlernt: Charmian Kittredge, eine emanzipierte, selbstständige, junge Frau.

 

   Charmian Kittredge

 

Sie ist die Nichte von Ninetta Eames, eine Frau, die im weiteren Leben Jack Londons eine bedeutende Rolle spielen soll. Als Jack Ninetta kennenlernt, ist sie die geschäftstüchtige Frau des unfähigen Geschäftsleiters der Zeitschrift "Overland Monthly", für die Jack Geschichten schreibt. Jack verhält sich gegenüber dem Ehepaar Eames viele Jahre sehr vertrauensvoll, überträgt den beiden wichtige Geschäfte auf seiner späteren Farm oder auch die Planung des Schiffes "The Snark". Die meisten der Projekte, die er in die Hände des Ehepaar Eames gibt, werden von diesen unabsichtlich oder aber in betrügerischer Absicht in den Sand gesetzt. Unbegreiflich ist, dass Jack London gerade Ninetta Eames, deren Manipulationen ihn Tausende von Dollars kosten, immer wieder vertraut. Einen wichtigen Grund stellt sicher seine spätere Verheiratung mit der Nichte Charmian dar.

Zu der Zeit um 1900 verabschiedet sich Charmian jedoch nach kurzer Zeit der Bekanntschaft mit Jack London wieder und tritt eine längere Europareise an. Ihre Beziehung mit Jack soll erst einige Jahre später beginnen.

Die ganze Periode während seiner Ehe mit Bess pflegt Jack einen leidenschaftlichen Briefwechsel mit Anna Strunsky.

 

   Anna Strunsky

 

Es herrscht zwischen Anna und ihm eine starke Anziehung und geistige Übereinstimmung, so dass die beiden sich entschließen, einen fiktiven Briefwechsel, der vor allem philosophische Themen berührt, als Briefroman herauszubringen. (Kempton-Wace-Letters)

Erwähnenswert ist für diese Zeit auch der Kontakt, den Jack London mit einer Künstler- und Autorengruppe um die Autoren George Sterling und Ambrose Bierce erhält.

 

  Jack London und George Sterling

 

Mit der Gruppe (zu der auch Anna Strunsky und später Charmian Kittredge gehören) werden regelmäßig Picknicks und Treffen veranstaltet. Jacks Frau Bess gefällt diese Gruppe nicht und sie weigert sich, Jack zu den Treffen zu begleiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jacks erste Ehefrau Bess konzentriert sich mit den Jahren zusehends mehr auf den Rückzug mit ihren beiden Töchtern Joan und der kleinen Becky, die beide kurz hintereinander geboren werden.

 

Bess und die beiden Töchter

 

Jack London wünschte sich Zeit seines Lebens einen Sohn, doch dieser Wunsch geht weder mit seiner ersten Frau, noch mit seiner zweiten Frau Charmian Kittredge in Erfüllung.

Charmian soll später eine Fehlgeburt erleiden. Die zweite Ehe bleibt kinderlos.

Wie glücklich oder unglücklich die gemeinsame Verbindung von Jack und Bess war, lässt sich im Nachhinein schwer feststellen. Sicherlich gab Bess ihm ein Gefühl der Stabilität, sie unterstützte seine schriftstellerische Tätigkeit, korrigierte und tippte seine Geschichten. Jack, auf der anderen Seite, gelangte nach und nach zu Geld und Ruhm, und kaufte für seine Familie ein schönes Haus in den Piedmont-Bergen. Er holte seine alte Amme "Mammy Jennie", seine Mutter und deren Adoptivkind Johnny zu sich. All diese Menschen lebten weiterhin in seiner Nähe, und er unterstützte sie finanziell bis an sein Lebensende.

Doch das Gleichgewicht soll ins Wanken geraten, als Jack sich plötzlich in Charmian verliebt. Als ihm dies zum Bewusstsein kommt, trennt er sich auf der Stelle von Bess und seinen Kindern und beginnt mit Charmian eine intensive, noch heimliche Liebesbeziehung für die nächsten 2 Jahre, bis dem Scheidungsantrag von Bess stattgegeben wird

 

  Charmian

 

Niemand weiß, dass der Anlass zu der überraschenden Trennung Charmian ist, alle - auch seine Frau Bess - vermuten, dass der Trennungsgrund Anna Strunsky heißt.

Und Jack London selbst äußert sich nicht dazu, so dass die Gerüchteküche Anna Strunsky belastet. Auch Bess führt in ihrem Scheidungsantrag Anna Strunsky auf.

Jack London zieht sich den Ärger und Unmut der engstirnigen und prüden amerikanischen Gesellschaft zu, als er sofort nach Vollzug der Scheidung von Bess im Jahr 1905, seine heimliche Geliebte Charmian heiratet. Diese Geschichte verursacht einen Skandal, der in der Regenbogenpresse der USA in aller Breite ausgeschlachtet wird.

Mit Charmian führt Jack, soviel man weiß, eine weitgehend glückliche Ehe, über der aber der Schatten der Kinderlosigkeit und Jacks langsamer körperlicher Niedergang lastet.

 

  Jack und Charmian

 

Charmian ist einige Jahre älter als Jack. Sie teilt Jacks sportliche Hobbies wie z.B. Reiten und Wasserski u.a., begleitet ihn auf seinen Reisen und unterstützt seine verschiedenen Projekte.

Selbst in Zeiten, in denen sie schwere Sorgen quälen, spielt sie Jack die stets vergnügte Gefährtin vor.

Sicherlich ist die Beziehung von Jack und Charmian harten Prüfungen ausgesetzt, die die beiden Ehepartner nach meiner Ansicht jedoch recht gut bewältigen. Sie stehen beide treu zusammen und geben sich gegenseitig Mut.

In den elf Jahren ihrer Ehe scheitern einige von Jack Londons Großprojekten wie die Weltumseglung mit dem Schiff Snark, das Bauprojekt "Wolfshaus", seine Musterfarm.

Jack London erlebt schwere persönliche Angriffe auf seine Integrität durch die Sozialistengruppe, durch die Autorenkollegen, durch die Presse, durch Verleumdungen verschiedenster Natur, durch Betrüger und Ausbeuter.

Und Charmian muss ihren Mann auf seinem langsamen, schweren Weg des körperlichen, geistigen und psychischen Verfalls bis zum Tod begleiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jack London ist eine der charismatischten Persönlichkeiten seiner Zeit, die gleichermaßen auf Frauen wie auf Männer wirkt. Als er noch mit seiner ersten Frau zusammenlebte, noch am Anfang seiner Schriftstellerkarriere stand, richtete er nur einen Jour fix - den Mittwoch abend - für Besucher ein. An dem Abend konnte jeder, ob alter Landstreicherkamerad oder neuer Schriftstellerfreund, Menschen jeder weltanschaulichen Couleur zu Lesungen, zu Spielen, als Gast zu ihm kommen. Später wurde sein Landhaus "Beauty Ranch" ständig von Gästen besucht. Immerzu wohnten kurzzeitige oder dauerhafte Besucher in seinen eingerichteten Gästehäusern und genossen seine Gastfreundschaft. Unvorstellbar ist, dass er jede/jeden aufnahm, der zu ihm kam, z.T. auch Menschen, die er noch nie vorher gesehen hatte.

Einige Meinungen anderer über ihn:

Ein Blitzlicht über Jack London im Alter von 20 Jahren von W.B. Hargrave, der Jack in Alaska begegnete :

"So manche Nacht saßen wir, während die anderen schon schliefen, vor den flackernden Holzkloben und verplauderten die Stunden. Welch eine prachtvolle männliche Erscheinung war er, wie er da vor dem urtümlichen Kamin lässig ausgestreckt lag und das Licht über seine schönen Züge spielte. Er hatte das reine, frohe, zartfühlende, von Bitterkeit freie Herz der Jugend ohne ihren anmaßenden Egoismus. Er wirkte älter als seine zwanzig Jahre; ein geschmeidiger und kräftiger Körper; der Hals frei bis zum Brustansatz; ein wirrer brauner Haarschopf, den er in angeregtem Gespräch ungeduldig mit der Hand zurückkämmte, fiel ihm über die Stirn; ein sinnlicher Mund, der sich gleichwohl zu ernsten und herrischen Linien formen konnte; ein strahlendes Lächeln und Augen, die oft wie nach innen gekehrt blickten; das Gesicht eines Künstlers und Träumers, aber mit den entschiedenen Zügen von Willenskraft und grenzenloser Energie. Ein Mann der freien Natur, kurz, ein wirklicher, ein männlicher Mann. Sein Geist verlangte unersättlich nach der Wahrheit. An religiöse, soziologische, an alle Fragen legte er den Maßstab seiner Frage: "Was ist Wahrheit?" Er war großer Gedanken fähig. Man konnte mit ihm nicht zusammen sein, ohne von seinem überlegenen Verstand berührt zu werden. Er stand dem Leben mit wunderbarer Sicherheit gegenüber, dem Tod mit heiterer Gelassenheit."

 

 

Und Janet Winship, Tochter eines befreundeten Ehepaares, sagt 17 Jahre später über ihn:

"Trat er in ein Zimmer, wo Besucher stumm, dumpf und gleichgültig in den Sessel geräkelt vor sich hindösten, so ging es durch sie wie ein elektrischer Schlag, und es kam augenblicklich Leben in sie: nicht nur in ihre Körper, sondern auch in Herz und Geist. Nicht allein seine mächtige Vitalität bewirkte dies; es ging von ihm eine solche gewinnende, aufrichtende, vibrierende Lebenswärme aus, dass sie auf jeden überströmte."